In der Vergangenheit sorgte eine Grundsatzentscheidung zur sogenannten Angebotsmanipulation bei Amazon für Wirbel und Aufsehen bei Händlern: Der Bundesgerichtshof beschloss in seinem Urteil vom 3. März 2016 (I ZR 140/14) eine Überwachungs- und Prüfungspflicht für Händler, die Amazon Produkte zum Verkauf anbieten, auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen. Ein aktueller Urteilsbeschluss vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main konkretisiert diese Verpflichtung zur Überwachung und Prüfung für Händler von eigenen Angeboten nun ebenfalls zu Gunsten von Amazons Algorithmus.
Viele Köche verderben den Brei: So entstehen unbemerkt Veränderungen von Produktdaten
Amazons Grundsatz zur Maximierung des Einkaufserlebnisses für Kunden sieht unter anderem die Vermeidung von doppelten Listings auf der Verkaufsplattform vor – schließlich erschweren Duplikate die Produktsuche für Kunden auf Amazon erheblich. In der Folge müssen sich mehrere Verkäufer einer ASIN an den bereits gelisteten Artikel „anhängen“ und um die sogenannte Buybox – also das Einkaufswagenfeld – konkurrieren. Nicht selten kommt es somit vor, dass nicht nur ein Händler, sondern je nach Berechtigungen mehrere Seller und Vendoren („Verkauf und Versand durch Amazon“) Zugang zu den Inhalten einer Produktdetailseite erlangen und Produktdaten wie Bilder, Titel, Produktbeschreibungen oder A+ Content verwalten und pflegen können.
Die Überschreibung optimierter Produktinhalte mit veralteten Artikeldaten gehört für die meisten Amazon Verkäufer (Vendoren) zum täglich Brot – so ist es kein Einzelfall, dass Händler unbeabsichtigt (zum Beispiel aufgrund mangelnder Informationen über aktuellen Lieferumfang eines Produktes oder schlecht gepflegter Warenwirtschaftssysteme) veraltete und oftmals falsche Artikeldaten auf den Produktdetailseiten einpflegen und somit ansprechende und vor allem korrekte Inhalte fälschlicherweise überschreiben.
Doch auch seitens des Amazon Algorithmus ist es nicht auszuschließen, dass falsche Artikeldaten auf den Produktseiten automatisch hinterlegt werden – beispielsweise können bei einer Gartenschere, die kürzlich ohne Ersatzklinge geliefert wird, durch den Algorithmus irrtümlich veraltete Produktbilder, die noch als zusätzlichen Lieferumfang eine Ersatzklinge abbilden, überschrieben werden.
Überwachungs- und Prüfungspflicht für Händler: Amazon-Händler für Zuordnung von Produktdaten anderer Händlern der eigenen Artikel verantwortlich
Ohne Frage: Falsch hinterlegte Produktdaten führen Kunden in die Irre und tragen nicht unbedingt zur Maximierung des Einkaufserlebnisses auf der Amazon-Verkaufsplattform bei. Die Folge für Verkäufer: Negative Bewertungen und eine hohe Retourenquote und eine damit einhergehende Androhung von Abmahnungen bis hin zu Sperrungen des Produktes oder gar des Verkäuferkontos. Doch wer steht eigentlich in der Verantwortung zur Sicherstellung von korrekten Produktdaten?
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 03. März 2016 (Aktenzeichen: I ZR 140/14) klärt auf:
„Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen ihrer Angebote, die selbständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt.“
Mit dem Beschluss vom 15.03.2017, Az. 6 W 31/17 konkretisierte das Oberlandesgericht Köln die Überwachungs- und Prüfungspflicht für Händler insofern, […] „dass eine jeweils täglich von montags bis freitags stattfindende Überprüfung der auf Amazon eingestellten Angebote eines Marketplace-Händlers für dessen Überwachungspflicht im Hinblick auf falsche Produktangaben genügt“ (Anwaltskanzlei Weiß & Partner, 2018). Amazon Händler können sich mit den täglichen Kontrollen an Wochenarbeitstagen mangels Verschulden der eigenen Haftung entziehen können, falls diese für unwahre Angaben in den Artikelbeschreibungen belangt werden sollen. Beispiel: Wer seine Produkte täglich auf korrekt dargestellte Produktbilder kontrolliert, kommt somit seiner Überwachungs- und Prüfungspflicht für Händler auf Amazon nach.
Neues Urteil aus 2021: Überwachungs- und Prüfungspflicht für Händler auch bei Datenänderungen durch Programmalgorithmus von Amazon nicht ausgenommen
Aus der Pressemitteilung vom 16.04.2021 vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main geht hervor, dass Amazon Händler ebenfalls bei durch den Programmalgorithmus von Amazon vorgenommenen Änderungen von Artikeldaten (hier: Produktbilder) nicht von der täglichen Pflicht zur Überwachung und Prüfung von Produktinformationen entlastet seien.
Auch in diesem Falle urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass die Händlerin ihre Prüfungspflicht verletzt habe. Die Argumentation: „Die [Händlerin] habe schuldhaft gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Sie habe sich erneut mit Angebot für unverpackte Druckerkassetten an bildliche Darstellungen der Originalverpackung des Herstellers angehängt.“ Das Oberlandesgericht argumentiert weiter: „Die [Händlerin] habe demnach damit rechnen müssen, dass dieser Programmalgorithmus von Amazon aus allen hinterlegten Bildern jeweils ein beliebiges auswähle, so dass es möglich sei, dass ihr eigenes Angebot unverpackter Druckerkassetten mit einer Abbildung von originalverpackten Kartuschen erscheine. Einem Händler sei es grundsätzlich zuzumuten, ein längere Zeit eingestelltes Angebot regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden seien. Dieser Prüfungspflicht sei die Antragsgegnerin hier in vorwerfbarer Weise nicht nachgekommen“ (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.03.2021, Az. 6 W 8/18). Laut des Oberlandesgerichtes hätte die Händlerin ihr Angebot – jedenfalls unter dieser bestimmten ASIN – löschen müssen, sodass ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € verhängt wurde.
Überwachungs- und Prüfungspflicht für Händler automatisiert unterstützen: Unerwünschte Produktänderungen frühzeitig erkennen
Mithilfe des Amazon Marketing Tools ROPT® können alle Produktänderungen (Preise, Bewertungen, Fragen oder Produktbilder) täglich verfolgt werden – das Alerting kann per Mail oder direkt im Tool eingesehen werden. Somit lassen sich innerhalb weniger Minuten frühzeitig Produktänderungen tracken – egal wie groß das Portfolio ist.
Disclaimer: Die Nutzung des Amazon Marketing Tools ROPT® bietet keine Abmahngarantie. Es wird keine Haftung für mögliche Abmahnungen oder Ähnliches übernommen.
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Hanna Meyer
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